29.4.1991 – 3.9.2023

Raphael ist am 29. April 1991 zur Welt gekommen. Er war auffallend lebhaft. Als Folge einer Epilepsie-Abklärung wurde im Juni 1996 ein Hirn­tumor diagnostiziert. Raphael musste notfallmässig ins Inselspital Bern überführt und operiert werden. Da man bei der OP einen sehr schnell wachsenden Tumor an gefährlicher Lage fand, wagte man es nicht, alles zu entfernen. Nach einer erfolglosen Chemotherapie war eine weitere Ope­ra­tion nötig. Da der Tumor aus operativ-sicherheitstechnischen Gründen nicht ganz entfernt werden konnte, musste Raphael noch 30 Bestra­h­lun­gen über sich ergehen lassen. Vor allem diese hinterliessen eine kontinuierlich, sich verschlechternde Schädi­gung seines Hirnes; seine intellektuellen Fähigkeiten stagnierten ab diesem Datum. Seine ausgeprägte Lebhaftigkeit machte nun langsam einer Antriebslosigkeit Platz. Nach der Heilpädagogischen Schule in Hohenrain fand Raphael einen Platz im anthroposophisch ausgerichteten Ekkharthof in Lengwil, wo er zum Industriepraktiker ausgebildet wurde. Schon dort fiel den Betreuern seine Ausdauer und Exaktheit auf. Nach drei Jahren kehrte er nach Luzern zurück, wo er im Brändi Horw einen Wohn- und Arbeitsplatz gefunden hat. Sein grosser Wunsch, wie seine beiden Schwestern in Zürich zu leben, wurde ihm 2015 erfüllt. Im Wohnheim vom Verein Zürcher Eingliederung (VZE) hat ­Raphael einen schönen Platz gefunden und im nahe gelegenen Tobias-Haus seine Beschäftigungsstätte. Hier wurde man auf seine zeichnerische Begabung aufmerksam und hat ihn entsprechend gefördert. 2020 kehrte Raphael wieder in die Innerschweiz zurück, wo er einen neuen Arbeits- und Wohnplatz in der SSBL Rathausen gefunden hat. In seiner Freizeit spielte Raphael Lego, setzt unglaublich geschickt Puzzles zusammen, schaute stunden­lang Alben, Hefte und Bücher an. Er liebte es, mit dem ­Tandem eine Ausfahrt zu machen, unterbrochen mit einem Restaurantbesuch für eine Cola. Seine geografischen Kenntnisse liessen uns oft staunen. Raphael war ein eher intro­vertierter, aber äusserst liebenswerter und geduldiger Mensch, der in seiner eigenen Welt lebte. IEr liebte es, mit dem Tandem eine Ausfahrt zu machen, unterbrochen mit einem Restaurantbesuch für eine Cola. Seine geografischen Kenntnisse liessen uns ab und zu erstaunen. Raphael war ein eher introvertierter, aber äusserst liebenswerter und geduldiger Mensch, der in seiner eigenen Welt lebte.

Ende Mai 2023 wurde bei Raphael ein erneuter, schnell wachsender und unheilbarer Hirntumor diagnostiziert.

Am 3. September 2023 hat sich Raphaels Lebenskreis geschlossen. Wir sind unendlich traurig, aber auch dankbar, dass er ohne Angst und Schmerzen in eine neue Dimension eintreten durfte. Seine Liebe tragen wir in unseren Herzen; seine Bilder sind sein Vermächtnis; sie werden uns immer begleiten und an Raphael erinnern.

Der Anfang (2004–2013)
Sein Grossvater hat sich Raphael sehr angenommen und ihn liebevoll ­gefördert. Als ehemaliger Direktor vom Verkehrshaus der Schweiz hatte er eine starke Affinität zur Mobilität und dementsprechend viele Bücher darüber, vor allem aus der Luftfahrt. Damit konnte er Raphael faszinieren. Für Raphael war Grossvater das grosse Vorbild. So war es für ihn eine besondere Freude, ebenfalls am Computer «zu Schaffen». So zeigte Grossvater Raphael, wie er mit einem einfachen Programm auf dem Computer Fahr- und Flugzeuge aus Büchern abzeichnen konnte. Raphael hat darin eine erstaunliche Fähigkeit entwickelt, mit der er die typischen Merkmale mit minimalsten Mitteln herausgearbeitet hat.

Der Neubeginn (2014-2016)
Der Tod von Grossvater Alfred bedeutete für Raphael eine Zäsur in seinem Leben. Im Laufe eines Jahres zog er sich immer mehr zurück, so dass unterschiedlichste Massnahmen angedacht und ausprobiert wurden. So auch einen ­Arbeits- und Wohnwechsel nach Zürich. Dort, im VZE (Verein Zürcher Eingliederung), respektive an seiner Arbeitsstelle im ­Tobias-Haus, entdeckte man seine spezielle Begabung, Vorlagen minuziös durchzupausen. Mit unglaublicher Ausdauer hat er die feinsten Vorlagen fehlerfrei kopiert und daraus Kunstwerke geschaffen, seien es Muster oder auch freie Bilder.

Der eigene Weg (ab 2017) I
Das Abpausen an sich ist noch eine reproduzierende Tätigkeit. Mit der Zeit hat Raphael begonnen, die durchzupausenden Bilder mit eigenen Mustern zu versehen. Es entstanden daraus Kunstwerke, bei denen das Ursprungsbild auf den ersten Blick meist nicht mehr erkennbar ist. Das Originalbild «entwickelt sich» erst mit der Zeit vor dem Auge des Betrachters. Eine ganze Reihe ist mit Bildern vom Luzerner Kunstmaler Hans Erni entstanden, welcher Grossvater sehr nahe gestanden ist. Raphael ist ihm auch einige Male persönlich begegnet. Die meisten Bilder sind im Format A4.

Der eigene Weg (ab 2020) II
Im Februar 2020 konnte Raphael auf eigenen Wunsch in der Stiftung für Schwerbehinderte (SSBL) eine Schnupperzeit absolvieren. Just in diese Zeit fiel der Anfang der Covid-19-Pandemie. Raphael blieb dann für sechs Wochen bei uns zuhause. Während dieser Zeit entstanden u.a. auch Bilder von der «ausgestorbenen» Stadt Luzern. Am 1. Juni 2020 wechselte Raphael dann definitiv in die SSBL. Die Shut-Downs und die restriktiven Einschränkungen spürte man dann während der folgenden Zeit überall; die Ateliers der SSBL wurden geschlossen, die Kommunikation und die Begegnungen waren erschwert. Raphael zeichnete nun vor allem in seiner Freizeit. Als Vorlagen dienten ihm oft Zeitungen und Prospekte.

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